Kool Savas – Der Märtyrer in Stuttgart
Vom King of Rap zum Märtyrer
Da allgemeine Informationen zu einem einzelnen Tour-Auftritt nicht gerade besonders unterhaltsam sind, habe ich mich dafür entschieden, das Geschehen aus meiner Perspektive zu schildern. Meine Perspektive setzt sich dabei in erster Linie aus der bisherigen Wahrnehmung der Person Kool Savas und anderen Konzertbesuchen zusammen – womit wir auch schon beim Knackpunkt wären.
Die deutsche Rap-Szene, oder sagen wir – das was dabei herauskam – war für mich bisher überwiegend uninteressant und der Draht zu amerikanischem Rap schon immer der stärkere. Das hat im Endeffekt dazu geführt, dass Savas‘ Auftritt in der Porsche-Arena für mich das erste Solo-Konzert eines deutschen Rappers war, das ich live miterlebt habe.
King of Rap, King Kool Savas, Kool Savas oder einfach nur Savas – egal wie man ihn nennen mag, war Savas einer der wenigen deutschen Rapper, den ich ernst nehmen konnte und dessen musikalische Entwicklung für mich interessant war. Im Gegensatz zum Kern seiner ziemlich ausgeprägten Fan-Base, die schon zu Zeiten von „LMS“ am supporten war, bin ich erst vor einigen Jahren richtig auf ihn Aufmerksam geworden. Nummern wie „Da bin, da bleib“, die Kollabos mit Azad wie „Guck my Man“ und natürlich der unangefochtene Diss-Track „Das Urteil“ haben mich zum Fan gemacht. In den folgenden Jahren hat aber der Hype wieder nachgelassen und nur Hits wie „Brainwash“ oder „Rhythmus meines Lebens“ waren für mich feierbar. Nach der Zusammenarbeit mit Xavier Naidoo kam der Stein wieder ins Rollen und dem Album „Märtyrer“ habe ich dann meine volle Aufmerksamkeit geschenkt.
40 Jahre jung
Jetzt aber zum Auftritt: Erste Verwunderung kam auf, als kein Vor-Act oder ein DJ dem Publikum einheizte, wie ich es von bisherigen Konzerten kannte. Eröffnet wurde das Konzert mit einem Kurzfilm zum Album, dann fiel die Leinwand und die Show begann mit weniger als 20 Minuten Verspätung (amerikanische Künstler dieser Sorte kommen hier gerne mal zwei Stunden zu spät). Atemberaubend war der Auftakt nur für das Publikum. Ich hatte eine gewisse Erwartung, die wurde aber Track für Track übertroffen. Der King of Rap hat seinem Titel alle Ehre gemacht und bewiesen, dass er alles, aber nur kein Studio-Rapper ist. Mit einem fast unerschöpflichen Lungenvolumen rappte er jedes Lied, wie man es von seinen Aufnahmen kannte. Mitunter war das aber auch seinem überraschend guten Backup-Rapper Laas Unltd. zu verdanken, den ich bis dato nur als kleines Feature auf diversen Tracks oder durch den Beef mit Felix Blume a.k.a. Kollegah wahrgenommen hatte. Ein Paradebeispiel dafür war die Performance des Tracks „Aura“ des gleichnamigen Albums von 2011:
Besonders aufgefallen ist mir, wie erwachsen der mittlerweile 40-jährige Kool Savas geworden ist. Er selbst hat sich zwischen den einzelnen Tracks immer wieder die Zeit genommen und mit dem Publikum geredet, seine Ansichten und Emotionen geteilt. Da er, nach eigenen Angaben, am Tag vor dem Gig in der Porsche-Arena noch im Krankenhaus lag und sich einer OP unterzog, kündigte er schon früh an, dass er nicht in der Lage sein wird über die Bühne zu rennen, wie es sonst wohl üblich ist. Dazu war die Crowd das gesamte Konzert über heiß darauf „Das Urteil“ zu hören, bis Savas auf die „Urteil-Schlachtrufe“ reagierte und klarstellte, dass er für so einen Song in der Stimmung sein muss, die richtige Emotion da sein muss. Angesichts des makellosen Auftritts war es ihm tatsächlich nicht zu verdenken, diesen hasserfüllten Text nicht zu rappen.
Trotz aller Ernsthaftigkeit hat er es sich nicht nehmen lassen, ein bisschen „Unsinn“ (wie er es selbst nannte) zu machen. Neben einer laut angekündigten Pinkelpause wurden wir dann auch durch Tracks wie „LMS“ belustigt und können so im Nachhinein auf mehr als zwei Stunden pure Unterhaltung und einen gelungenes Konzert zurückblicken – ein Muss für Rap-Fans.
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